Versicherungsrecht – Wartepflicht am Tatort bei Verkehrsunfall

Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 07.02.2003 (Az. 20 U 193/02) festgestellt, dass derjenige, der den objektiven und subjektiven Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort gem. § 142 I StGB verwirklicht hat, unter Umständen auch nicht seine Vollkaskoversicherung wegen des an seinem eigenen Fahrzeug entstandenen Schadens in Anspruch nehmen kann. Dies gilt nach der vorgenannten Entscheidung auch dann, wenn nur geringfügige Verletzungen der Warte- und Aufklärungspflicht bestehen.

Im vorstehend von dem OLG Hamm zu entscheidenden Fall hatte ein Pkw-Fahrer ohne Beteiligung Dritter bei starkem Regen eine Leitplanke auf der Autobahn beschädigt. Insoweit ist dem Unfallfahrer auch auf der Autobahn zuzumuten, genauestens nachzuprüfen, ob eine Beschädigung an der Leitplanke tatsächlich gegeben ist. Darüberhinaus trifft den Unfallfahrer nach der o. g. Entscheidung des OLG Hamm eine Wartepflicht auch auf der Autobahn. Sicherheitsbedenken könnten dadurch beseitigt werden, dass der Fahrzeugführer sich nicht unmittelbar an dem Unfallfahrzeug aufhalte.

Wer im übrigen nicht sofort die Gelegenheit gebe, Feststellungen am Unfallort zu treffen, verwirkliche den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 142 I StGB und begehe daher eine Obliegenheitsverletzung, die gem. § 7 V 4 AKB eine Leistungsfreiheit nach sich zieht. Soweit § 6 III VVG zusätzlich verlangt, dass der Versicherungsnehmer die Obliegenheit kennt, hält es das OLG Hamm für erforderlich, dass der Unfallverursacher das Fehlen des Vorsatzes darzulegen habe. Eine Obliegenheitsverletzung liege insbesondere deshalb auf der Hand, da der Versicherer ein berechtigtes Interesse daran habe, durch Feststellungen am Unfallort in Erfahrung zu bringen, ob der Versicherungsnehmer tatsächlich fahrtüchtig war.

Eine Verletzung der Aufklärungspflicht besteht nach der vorgenannten Entscheidung des OLG Hamm daher auch dann, wenn der Versicherer zeitnah, d. h. am nächsten Werktag, unterrichtet wird.