Arbeitsrecht – Kündigung eines leistungsschwachen Arbeitnehmers

Einer im Dezember 2003 ergangenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein über 55 Jahre alter Arbeitnehmer war seit 1980 bei einem Einzelhandelsunternehmen als Kommissionierer mit dem Aufgabengebiet beschäftigt, Warengebinde zu verladen. Der Arbeitgeber zahlte neben dem Grundlohn eine Prämie, soweit der Arbeitnehmer eine „Normalleistung 1,0“ übertrifft. Nach dem Vorbringen des Arbeitgebers erreichte der Arbeitnehmer über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr nur maximal 60 % dieser „Normalleistung 1,0“ und unterschritt die Durchschnittsleistung vergleichbarer Arbeitnehmer um 40 bis 50 %. Nach 2 erfolglosen Abmahnungen mit der Aufforderungen, Mehrleistung zu erbringen, erklärte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die fristgerechte Kündigung wegen dauerhafter Minderleistung. Hiergegen erhob der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage.

Nachdem die Vorinstanzen der Kündigungsschutzklage stattgegeben hatten, hat das Bundesarbeitsgericht auf die Revision des Arbeitgebers hin die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und den Rechtsstreit zurückverwiesen.

Dabei hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass die Kündigung gegenüber einem leistungsschwachen Arbeitnehmer als verhaltensbedingte oder als personenbedingte Kündigung gerechtfertigt sein könne. Eine verhaltensbedingte Kündigung setze voraus, dass dem Arbeitnehmer eine Pflichtverletzung vorzuwerfen sei. Ein Arbeitnehmer genüge
– mangels anderer Vereinbarungen – seiner Vertragspflicht, wenn er unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeite; er verstoße gegen seine Arbeitspflicht nicht allein dadurch, dass er eine vom Arbeitgeber gesetzte Norm oder die Durchschnittsleistung aller Arbeitnehmer unterschreite. Allerdings könne die längerfristige deutliche Unterschreitung des Durchschnitts ein Anhaltspunkt dafür sein, dass der Arbeitnehmer weniger arbeite als er könne. Lege der Arbeitgeber dies im Prozess dar, so müsse der Arbeitnehmer erläutern, warum er trotz unterdurchschnittlicher Leistungen seine Leistungsfähigkeit ausschöpfe.
Für eine ebenfalls in Betracht kommende personenbedingte Kündigung sei Raum, wenn bei einem über längere Zeit erheblich leistungsschwachen Arbeitnehmer auch für die Zukunft mit einer schweren Störung des Vertragsgleichgewichts zu rechnen sei. Dazu sei jedoch Voraussetzung, dass ein milderes Mittel zur Wiederherstellung des Vertragsgleichgewichtes nicht zur Verfügung stehe und dem Schutz älterer, langjährig Beschäftigter und erkrankter Arbeitnehmer ausreichend Rechnung getragen werde.

Das Bundesarbeitsgericht hat in der Sache nicht abschließend entschieden und den Rechtsstreit zurückverwiesen, da es an den noch erforderlichen Tatsachenfeststellungen für eine Entscheidung fehlte.

Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist jedenfalls Arbeitgebern, welche die Kündigung eines leistungsschwachen Arbeitnehmers in Betracht ziehen, zu raten, vorsorglich auch die Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung zu schaffen und den Arbeitnehmer zuvor in der erforderlichen Weise abzumahnen. Ergibt sich nämlich nach den vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätzen, dass die Leistungsschwäche des Arbeitnehmers verhaltensbedingt ist, entbehrt die Kündigung schon dann der Wirksamkeit, wenn es an vorheriger Abmahnung fehlt.